Für viele gilt Fußball als die „schönste Nebensache der Welt“. Man trifft sich mit Freunden, macht sich gemeinsam auf den Weg zum Stadion und unterstützt dort lautstark die eigene Mannschaft, ärgert sich oder feiert zusammen. Doch für einige Fans beginnt und endet der Tag anders als geplant. Bereits auf dem Weg zu den Stadien der Bundesrepublik sehen sie sich einer massiven Polizeipräsenz ausgeliefert. Sobald man sich ein Trikot oder andere Fan-Utensilien überzieht gibt man seine Rechte als freier Mensch ab und steht unter der ständigen Beobachtung durch die Staatsgewalt.
Die Tortur der Anreise
Dass man als Fan, gerade innerhalb der organisierten Fanszene komplett machtlos ist bekommt man bereits bei der Anreise zu spüren. In den Sonderzügen, die jedes Wochenende über das Land fahren sind die Fans der Polizei oft schutzlos ausgeliefert. Polizeibeamte überwachen jeden Schritt und jede Bewegung, bereit jede Kleinigkeit anzuzeigen oder gar mit dem Einsatz von Pfefferspray zu begegnen. Am Zielbahnhof angekommen wird es nicht gestattet, die eigenen Wertsachen zu verschließen oder die Toilette zu benutzen, sondern man muss sich natürlich in Anwesenheit der nächsten Hundertschaft auf den Weg zum Stadion machen. Dabei fühlt man sich als Fan nicht nur kontrolliert, sondern auch seinem freien Willen entzogen und einem immensen psychischen Druck ausgesetzt.
Kein Freund, kein Helfer
Man mag sich vielleicht denken, wenn man sich richtig verhält, dann wird einem nichts passieren. Doch auch völlig unschuldige und unbeteiligte Fans oder Dritte bekommen oftmals wortwörtlich den Arm des Gesetzes zu spüren. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 werden bei Fußballspielen und anderen Großveranstaltungen rund 25 Prozent der Fälle von Polizeigewalt erfasst. Dabei kann es schon mal passieren, dass Unbeteiligte von der Polizei über Werbebanden gestoßen und schwer verletzt werden oder auch Sanitäter mit Pfefferspray angegriffen werden, wenn ein vermeintlich unliebsames Transparent oder eine Flagge entfernt werden soll.
Sollte man Opfer von übertriebener Polizeigewalt geworden sein, steht man am Ende fast immer allein da. Die wenigsten Fälle haben tatsächlich Konsequenzen für die beteiligten Beamten. In nur sieben Prozent der Fälle kam es zu einem Strafverfahren gegen gewalttätige Polizisten bei Fußballspielen oder anderen Großveranstaltungen. Dabei wurden 93 Prozent der Verfahren letztendlich eingestellt. Aus diesem Grund schreckt man eher zurück ein Fehlverhalten von Beamten anzuzeigen, weswegen die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte.
Durch die neuen Polizeiaufgabengesetze und die fehlende Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte hat sich die Situation in den Stadien deutlich verschlechtert, denn durch neue Machtbefugnisse und im Schutz der Anonymität sinkt auch schneller die Hemmschwelle die eigene Macht zu missbrauchen und den Fans die Freude an der schönsten Nebensache der Welt zu nehmen.
You’ll walk alone
Quellen:
https://taz.de/FC-St-Pauli-Fans-im-Polizeikessel/!5546395/
http://www.profans.de/repression
https://www.fr.de/eintracht-frankfurt/eintracht-frankfurt-sieg-fuer-fan-vor-gericht-zr-13560775.html