In der Nacht des 29.10.2018 durchquert der der damals 20-jährige Nico S. die Maximilianstraße, wo er auf Höhe des McDonnalds von drei Polizisten angehalten wird. Aufgrund seines Aussehens (Jeans-Look + lange Haare + schwarze Mütze = Verdächtig!) gerät er dort in eine „verdachtsunabhängige“ Personenkontrolle. Diese endet letztlich auf der Polizeiwache, da er sich weigerte im Gebüsch an der Fußgängerzone im wahrsten Sinne des Wortes die Hosen herunterzulassen. Sein einziges Vergehen, dass dieser entwürdigende Behandlung voran gang: Er war zur falschen Zeit am falschen Ort und machte sich allein durch sein Aussehen verdächtig. Der Ort war in diesem Fall die Maximilianstraße, die sich in unmittelbarer Nähe zur Albertstraße und zum Hauptbahnhof befindet, welche von der Polizei Regensburg zu „gefährlichen Orten“ erkoren wurden. Eine Auskunft zur Auflistung der Anzahl und Ausmaße dieser „gefährlichen Orte“ in und um Regensburg, lehnt das Polizeipräsidium Oberpfalz ab. Doch was ist solch ein „gefährlicher Ort“ überhaupt?
„Die offizielle Ausweisung eines Ortes als Kriminalitätsschwerpunkt oder ‚gefährlicher Ort‘ ermöglicht in der Bundesrepublik Deutschland polizeiliche Maßnahmen gegen Personen ohne das Bestehen eines konkreten Tatverdachts.“ In Bayern regelt dies das Polizeiaufgabengesetz. In einer Anfrage der Grünen an das Bayerische Innenministerium, durch welche Kriterien diese Orte denn eigentlich gefährlich werden, antwortet dieses: Die örtliche Polizeikriminalstatistik, Kriminalitätslagebilder und auch „kriminalistische Erfahrungen“. In Fällen dieser Kriminalitätslagebilder ist nicht öffentlich einsehbar, woraus diese sich bilden. In Fällen sogenannter „kriminalistischer Erfahrungen“ geschieht dies total willkürlich. Wer definiert denn was eine „kriminalistische Erfahrung“ ist? Die Polizei selbst und diese arbeitet, wie in Fällen von Racial Profiling, nicht vorurteilsfrei. Das wichtigste Instrument zur Legitimierung ist jedoch die Kriminalstatistik. Doch wie aussagekräftig sind diese? Wenn nun Aufgrund von „Erfahrungswerten“ an bestimmten Orten öfter kontrolliert wird, dann steigen an diesen Orten die erfassten Fälle an denen Personen (vermeintlich) gegen das Gesetz verstoßen. Diese fließen somit in die Kriminalstatistik ein und treiben die Zahlen kontrollbedingter Delikte nach oben. Dies hat zur Folge, dass man diese Orte als „gefährlich“ ausschildern kann, um dort stärker zu kontrollieren.
Hier beißt sich die Katze selbst in den Schwanz. Der Aufenthalt an solchen Orten erhöht also die Wahrscheinlichkeit kriminalisiert zu werden. Dies trifft vor allem Personen, die am Rande der Gesellschaft stehen oder Personen mit unerwünschten Meinungen. Diese werden dadurch in der Statistik überrepräsentiert. Dabei könnte man mit sozialen Hilfsangeboten oder einer schlichten Arbeitserlaubnis für Geflüchtete mehr helfen, als die Kriminalisierung aufgrund einer Drogensucht oder der Herkunft. Doch es geht der Law-and-Order Politik nicht um eine Verbesserung der sozialen Umstände, sondern um die Befriedigung eines ominösen Sicherheitsbedürfnisses und die Vertreibung unerwünschter Personengruppen von öffentlichen Plätzen. Damit das Stadtbild vom menschlichen Elend frisiert und man sich nach außen hin als erfolgreicher Sheriff präsentieren kann. Dass man dabei der skandalgeschwängerten und jeder demokratischen Kontrolle entzogenen Institution Polizei Instrumente in die Hand gibt, mit denen autoritäre Staaten jedweden Widerstand besser im Keim ersticken kann, daran denkt wohl niemand.
Es könnte in Zukunft ALLE treffen, die mit einer autoritären und undemokratischen Gesellschaft nicht einverstanden wären.
Fühlst du dich noch sicher?