Ferhat Ünvar
Gökhan Gültekin
Hamza Kurtović
Said Nesar El Hashemi
Mercedes Kierpacz
Sedat Gürbüz
Kalojan Welkow
Vili Viorel Păun
Frau Rathjen
Man sollte von nun an diese Namen stets aufzählen, wenn man über den Terroranschlag in Hanau am 20.02.2020 spricht. Genauso wie man es mit den anderen mittlerweile über 200 Menschen tun sollte, die seit 1989 von Faschist*Innen ermordet wurden, wenn man über faschistischen Terror redet. Namen wie Oury Jalloh, Walter Lübcke oder Amadeu Antonio. Doch die bürgerliche Gesellschaft tendiert dazu, diese Namen wieder zu vergessen und als Teil eines tragischen Vorfalls durch einen psychisch kranken Einzeltäter zu betrachten. Anders kann ich mir diese völlig geistig umnebelte Eigenart der breiten Bevölkerung, nach ein paar Tagen wieder ganz normal zum Alltagsgeschehen überzugehen, nachdem Blut durch einen Faschisten vergossen wurde, nicht erklären.
Horst Seehofers Innenministerium spricht nun zwar deutlich von einem rassistisch motivierten Terroranschlag, doch lässt er im gleichen Atemzug verlauten die Flughäfen, Bahnhöfe und Grenzen stärker zu bewachen. Als ob der Mörder zuerst eingereist wäre, bevor er seine Waffe auf Unschuldige richtete! Er stammte aus der Mitte dieser Gesellschaft und hat aus ihr heraus gemordet. Die auf einer psychischen Erkrankung basierenden Wahnvorstellungen spielten wohl eine große Rolle in der Motivation des Mörders, doch folgte er einer ganz eindeutigen rassistischen Erzählung. Er hat die Deportation und Ermordung ganzer ethnischer Gruppen in Deutschland gefordert und vor einem gesteuerten Bevölkerungsaustausch gewarnt. Migrant*innen seien minderwertig und man müsse den reinen deutschen „Volkskörper“ vor ihnen schützen. Kommt bekannt vor?
Mal mehr und mal weniger deutlich ist dies ein Narrativ, dass 1 : 1 von der AfD und anderen faschistischen Organisationen bedient wird. Ich spare mir an dieser Stelle etwaige Zitate diverser Fascho-Kader, denn mir widerstrebt es ihre Worte und Namen im selben Text mit den Todesopfern zu erwähnen. Diese Partei strebt einen Umsturz nach faschistischem Vorbild an. Als Mittel dienen ihr dazu die Verbreitung menschenverachtender Erzählungen in der Gesellschaft und Zusammenarbeit mit bürgerlichen Parteien, wie jüngst in Thüringen. Letztendlich steht die Machtübernahme auf letzter Stufe, die es zu erklimmen gilt, um den geschundenen „deutschen Volkskörper“ wieder zu altem, mit Schießpulver verschmierten und mit Blut befleckten Antlitz zu verhelfen. Und man hat das Gefühl, dass die breite Bevölkerung allzu gerne auf diesen Zug aufspringt, wenn es darum geht den eigenen Status zu erhalten. Eine wichtige Stufe dazu hat die AfD bereits erklommen. Sie sitzt bereits im Parlament, Konservative und Neoliberale denken über eine Zusammenarbeit nach oder tun es bereits. AfD-Kader sitzen in Polizei, Bundeswehr und anderen Verwaltungsbehörden und sind darin bestens vernetzt.
Welche Rolle spielt die BRD dabei? Eine große, denn sie lässt all dies sehenden Auges zu. Sie verhindert nicht die Etablierung faschistischer Netzwerke in den eigenen Sicherheits- und Armeestrukturen konsequent. Sie verhindert die konsequente Aufklärung faschistisch motivierter Morde, wie die an Oury Jalloh oder die NSU-Morde. Sie richtet seine stärksten Waffen gegen Bewegungen, die nach autonomer internationaler Solidarität und einer befreiten Gesellschaft streben, anstatt sie auf Ausbeutung und Menschenhass zu richten. Der Staat beschützt lieber sein Kapital und diejenigen, die es besitzen, anstatt effektiveren Schutz für Minderheiten zu leisten. Die BRD baut auch immer weiter die Befugnisse der Sicherheitsbehörden aus und schränkt damit aktiv die Rechte derjenigen ein, die sie eigentlich schützen soll. Die Polizeiaufgabengesetze der letzten Jahre in etwa. Die BRD stärkt damit aktiv die Befugnisse der Faschist*innen, die sich bereits in Armee und Sicherheitsbehörden befinden. Über den Verfassungsschutz braucht man nicht viel sagen. Ein von ehemaligen Gestapo-Leuten gegründeter Inlandsgeheimdienst, der die letzten Jahrzehnte mehr Geld und Mittel in faschistische Strukturen gepumpt hat, als diese selbst in der Lage waren aufzubringen. Weiterhin hält er seine schützende Hand über das NSU Netzwerk und andere „Informanten“ aus faschistischen Kreisen, die für ihn arbeiten. Der Staat schützt Faschist*innen. Der Staat schützt uns nicht.
Deshalb dürfen wir keine Forderungen an den Staat richten, denn es führt zu nichts. Anstatt einen Appell an den Staat zu richten, die NSU Akten endlich zu öffnen, müssen wir die Öffnung selbst erzwingen. Anstatt unseren Schutz einer von Faschist*innen durchsetzten Organisation wie der Polizei anzuvertrauen, müssen wir uns selbst schützen. Denn am Ende rettet uns keine Erlöser*innenfigur oder der Staat, sondern nur die organisation eines antifaschistischen und kollektiven Selbstschutzes.