Rassismus tötet – in Hanau und überall
„Wir haben uns ein Versprechen gegeben: Nie zu vergessen und nie
zu vergeben. Solange nicht […] bis endlich Konsequenzen gezogen
werden […], solange werden wir nicht aufhören zu kämpfen.“
Statement von Angehörigen der Ermordeten in Hanau
Am 19. August 2020 – 18 Uhr Neupfarrplatz
Am 19. Februar 2020 erschoss ein Mann in Hanau 9 Menschen, danach seine Mutter und sich selbst. Über seine Motive braucht man nicht zu spekulieren: Er präsentierte sie bereits Anfang Februar auf seiner Webseite in einem Manifest. Daraus geht klar hervor, dass er aus rassistischen Motiven handelte und nach diesem Schema seine Opfer auswählte. Trotz dessen erklärte das Bundeskriminalamt, er sei kein „Anhänger einer rechtsextremistischen Ideologie“ gewesen. Das zeigt nur, wie verzweifelt versucht wird, das Ausmaß rechter Strukturen zu leugnen.
Wer aber rechte Attentate und rechtsextreme Online-Kultur verfolgt, erkennt ein klares Muster. Viele der Täter beziehen sich auf ein weltweit agierendes Netzwerk, welches von rechten Ideologien durchzogen ist. Laut Studien haben fast alle angehörigen dieser Onlinekultur eines gemeinsam: Radikalisiert (Online-slang: „red-pilled“) werden sie nach eigenen Angaben meist durch rechtskonservative Medienfiguren, die jedoch eindeutigen Rassismus vermeiden.
Wir müssen endlich klar benennen, das dass systematische wegschauen, leugnen rassistischer Gewalt und öffentlichkeitswirksamer Rassismus mitverantwortlich für solche Taten sind. Dies wird auch durch liberale, konservative und rechte Politikerinnen und Politikern befeuert.
Nach dem Attentat in Hanau sorgte auch die Corona Pandemie dafür, dass eine öffentliche Aufarbeitung des Anschlages nie stattfand. Im Hinblick auf frühere Anschläge zeigt sich, dass es immer ein harter Kampf ist, die Bedeutung der Morde anzuerkennen. Die Angehörigen der Ermordeten in Hanau haben diesen Kampf aufgenommen und wir werden ihn, in Solidarität mit ihnen führen. Denn Erinnerung ist heuchlerisch und wertlos, wenn wir nicht für Aufarbeitung und Veränderung kämpfen.
Deshalb rufen die Angehörigen in Hanau dazu auf 6 Monate nach dem Attentat, am 19. August 2020, in Möglichst vielen Städten den Ermordeten zu gedenken. Am Samstag darauf, der 22. August 2020, sammeln wir uns für eine zentrale Demonstration in Hanau.
Auch in Regensburg rufen wir dazu auf, in Erinnerung an die Ermordeten aus Hanau, den Kampf gegen Rassismus, Faschismus und Antisemitismus zu führen und am 19. August um 18 Uhr auf den Neupfarrplatz zu kommen.
Quellen: https://19feb-hanau.org/2020/05/04/140qm/; https://www.spiegel.de/international/german-mass-shooter-s-manifesto-the-delusional-world-of-the-suspected-killer-a-2bcd6275-dd13-4bfd-8a67-9a4be899443f; Evans, R., 2018, Bellingcat: „How fascists are red-pilled“; https://discordleaks.unicornriot.ninja/discord/view/984086?q=redpilled#msg;; Pierce, W., L., as Macdonald, A. “The Turner diaries”, 1978, National Vanguard Books